Die Digitalisierung der Schnittstellen zwischen Behörden und Unternehmen stockt. Um
den Prozess zu beschleunigen, schlägt Avenir Suisse in einer Studie die Einführung einer
neuen Rechtsform vor: Eine «digitale Mini-GmbH» würde nicht nur das Leben von Startups
erleichtern, sondern auch die überfällige Modernisierung des Handelsregisters
vorantreiben.
In der Schweiz werden jedes Jahr über 40’000 Firmen neu gegründet. Die dabei anfallenden
administrativen Kosten mögen für versierte Gründer zu bewältigen sein, volkswirtschaftlich fallen
sie jedoch ins Gewicht. Grund dafür ist, dass viele Behördenschnittstellen im analogen Zeitalter
verharren. In der Folge ist eine Firmengründung in der Schweiz übermässig schwerfällig und
kostspielig. Das Land schneidet denn auch in diversen internationalen Rankings zum Thema
schlecht ab, und Unternehmen beklagen sich seit Jahren über umständliche Behördengänge.
Veraltete Strukturen erhalten sich gegenseitig am Leben
Der Ruf nach einer umfassenden Digitalisierung wird folglich immer lauter. Doch einfach die
bestehenden Prozesse elektronisch umzusetzen, greift zu kurz. Die Digitalisierung sollte vielmehr
zum Anlass genommen werden, die vorhandenen Strukturen grundsätzlich zu überarbeiten.
Gerade im Bereich der Firmengründungen halten die Vorschriften zum Gründungskapital und
zur öffentlichen Beurkundung einer kritischen Prüfung nicht stand.
Ein Blick in die unternehmerische Praxis zeigt, dass die hohen Gründungsanforderungen
ungeeignet sind, ihr eigentliches Ziel zu erreichen: nämlich das Vertrauen im Geschäftsverkehr
und in den Gläubigerschutz zu stärken. Gleichzeitig bremsen die umständlichen Vorschriften die
Digitalisierung der Behörden aus – überhöhte Anforderungen und analoge Prozesse halten sich
gegenseitig am Leben.
Mit einer neuen Rechtsform die Blockade überwinden
Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, schlägt Avenir Suisse die Einführung einer neuen
Rechtsform vor: eine digitale Mini-GmbH. Weitgehend angelehnt an die traditionelle GmbH, soll die digitale Mini-GmbH folgende drei Merkmale aufweisen:
- Verzicht auf Vorschriften zum Gründungskapital
- Verzicht auf öffentliche Beurkundungen
- Verzicht auf Papier: Identitätsprüfung, Handelsregisteranmeldung sowie die gesamte
Interaktion mit den Behörden soll nur noch auf elektronischem Weg möglich sein.
Das Handelsregisterwesen neu denken
Verschiedene Länder haben bereits vor Jahren eine «Einstiegs-Kapitalgesellschaft» eingeführt und damit positive Erfahrungen gesammelt. Weil die Schweiz als «Spätzünderin» eine solche
Rechtsform bisher nicht kennt und digitale Anwendungsmöglichkeiten in der Verwaltung brach
liegen, ergibt sich nun die Gelegenheit, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen:
- Einerseits werden mit einer digitalen Mini-GmbH Firmengründungen einfacher,
schneller und günstiger. - Anderseits wird dadurch die Digitalisierung der Schnittstellen zwischen Behörden und
Wirtschaft forciert. Die Modernisierung des Handelsregisterwesens wird beschleunigt, was
wiederum das Potenzial birgt, die Transparenz im Geschäftsverkehr und damit den
Gläubigerschutz nachhaltig zu erhöhen.
Die Einführung einer digitalen Mini-GmbH hätte somit positive Effekte auf das Unternehmertum
in der Schweiz, die weit über die unmittelbare Reduktion der Bürokratiekosten hinausgingen.
-> Analyse „Eine digitale Mini-GmbH“ für die Schweiz
Quelle: MM